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Happy Pongal! |
Der Tempel kündigt es schon seit zwei Wochen frühmorgens mit lauter Trommelmusik an, das Pongalfest. Es ist vergleichbar mit dem Erntedankfest in Deutschland und wird im Januar zelebriert. Dieses Jahr fällt Pongal auf ein Wochenende Mitte Januar. Samstags findet der wichtigste festliche Brauch statt. Unsere „Sisters“ tragen ihre schönste Festtagskleidung, von allen Seiten hört man freudige „Happy Pongal!“- Rufe. Sie wuseln aufgeregt durcheinander, warten auf Freunde und Verwandte, die zum „parents meeting“ an diesem besonderen Tag ins Abhaya Students Shelter eingeladen sind.
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Alle warten, bis der Reis überkocht |
Nach und nach füllt sich das Abhaya und die kleine Festgemeinschaft versammelt sich auf dem mit bunten Rangolis ,eine Art Mandalas aus Kreide, verzierten Hof. In der Mitte des Hofes ist eine kleine Feuerstelle aus Brennholz und Backsteinen errichtet, auf der ein Feuer geschürt wird. Eine weißgräuliche Masse köchelt über dem Feuer in einem großen Topf. Es ist Reis, eingedickt in einer Zuckermasse. Später wird er verarbeitet zu „Pongal“, Reis mit frischer Milch und Sirup aus Palmzucker, das gleichnamige Festgericht des Tages. Wir blicken in gespannte, erwartungsvolle Gesichter. Der Reis ist stark am kochen und steigt immer höher und höher. Laute „Pongal! Pongal!“-Rufe weisen darauf hin, dass er bald überkochen wird. Um Glück, Wohlstand und Überfluss anzuzeigen, muss das Essen unbedingt überkochen. Unter tosendem Applaus wird der Topf vom Feuer geholt und zu einem Altar getragen. Der Altar wurde aus Bananenblättern, Zeitungspapier, Bananen, Räucherstäbchen und verschiedenen Opfergaben für diesen Tag errichtet. Hinter dem Altar lehnen Zuckerstangen an der Wand, die symbolisch für das Pongalfest stehen.
Es wird eine Kokosnuss geopfert. Ein Vater träufelt den Saft der Kokosnuss auf den Altar und den Reis, führt die Räucherstäbchen in kreisenden Bewegungen dreimal darüber und tupft sich mit roter Farbe einen Punkt auf die Stirn. Die umstehenden Kinder und Eltern tun es ihm gleich.
Nach dieser „Pooja“ (Segnung) versammeln wir uns im Essenssaal des Abhaya. Wir sitzen im Kreis vor reichhaltig gefüllten Tellern, auf denen der süße Reis „Pongal“ nicht fehlen darf.
Wir genießen das Essen in der ausgelassenen Stimmung, die sich unter den Mädchen, ihren Mamas, Papas, Brüdern und Schwestern, Onkel und Tanten und Freunden ausbreitet. Wir freuen uns mit ihnen. Dabei könnte man ganz vergessen, dass nicht alle Mädchen über die
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Wir mit Viji, unserer Mentorin |
Pongalfeiertage nach Hause fahren können. Für manche ist der Weg zu lang, die Fahrtkosten zu hoch oder die familiäre Situation lässt keinen Besuch zu.
Nach dem Essen versammeln wir uns im großen Versammlungssaal NMCTs gleich neben dem Abhaya Students Shelter. Hier findet das „Parents Meeting“ statt. Seetha berichtet vom alltäglichen Leben, gibt schulische Leistungen bekannt und erzählt von manchen Veränderungen, die es in der letzten Zeit gegeben hat. Sie versucht die Eltern in das Leben ihrer Kinder zu involvieren. Für viele ist es schwer, ihre Kinder „loszulassen“, sich selbst einzugestehen, dass sie sich nicht mehr ausreichend um sie kümmern und für sie sorgen können. Auf der anderen Seite sind sie froh, dass ihre Kinder täglich drei warme Mahlzeiten bekommen und die Chance auf eine gute Bildung erhalten.
Der Abschied von unseren Mädchen fällt schwer auch wenn es nur für wenige Tage ist. Er erinnert uns an unseren endgültigen Abschied, den wir uns gar nicht vorzustellen wagen!
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Sugarcane knabbern =D |
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'Parents Meeting' im Abhaya |
Am darauffolgenden Tag sind wir in einem Dorf eingeladen, den zweiten Pongal-Tag mit den Dorfbewohnern zu verbringen. Die ganze Dorfgemeinde hat sich auf dem Dorfplatz versammelt, auf dem eine große Bühne aufgebaut ist. Laute Musik schallt aus den Lautsprechern, es werden Spiele und Wettkämpfe für Kinder und Jugendliche angeboten und es herrscht ein buntes Treiben.
Zusammen mit einer Mitarbeiterin NMCTs, die uns für diesen Tag begleitet, schlendern wir durch das Dorf und bewundern die unzähligen bunten Rangolis, die auch hier die Hauseingänge schmücken. Wir werden mehrmals eingeladen auf einen Tee, einen Kokosnusssaft, ein paar Snacks, um uns ein Haus anzuschauen oder die Ziegen der Familien zu begutachten.
Unser Weg führt uns schließlich etwas außerhalb des Dorfes zu einer kleinen
idyllischen Farm. Wir werden auch hier freundlich begrüßt und auf dem Gelände herumgeführt. Die Wege sind gesäumt von Bananenstauden und Kokosnusspalme.
Hinter den Stauden und Palmen erklingt lautes Hundebellen. In der Nähe der Farm befindet sich eine Auffangstation für Straßenhunde. Sie werden in verschieden großen Zwingern gehalten, mal einzeln, mal zu zweit oder zu dritt. Manche habe sich auf der Straße Verletzungen zugezogen oder leiden an Krankheiten. Hier werden sie mit Futter, Wasser und Medikamenten versorgt und haben die Chance, an eine Familie als Haustier vermittelt zu werden.
In Indien gibt es sehr viele Straßenhunde, die sich ihr Futter auf Müllhalden suchen. Oft werden sie von den Menschen vertrieben, nicht selten mit Schlägen, da sie unwillkommene Gäste sind. In den Städten gibt es von der Stadtverwaltung aus Hundefänger, die die Hunde einfangen, professionell kastrieren lassen und wieder zurück auf die Straße bringen. Das soll die unkontrollierte Vermehrung der Straßenhunde verhindern.
Ein solches Projekt wie diese Hundeauffangstation ist sehr nützlich und trägt zum besseren Bewusstsein der Tierhaltung in Indien bei.
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ein traditionell indischer Tanz |
Gegen Abend holen uns Matthias und Samy, ein indischer Kommilitone von Matthias, mit ihren Motorrädern ab. Zusammen fahren wir zu einer großen Show anlässlich des Pongalfestes. Als Highlight gilt die Schlangenshow, die ein Bekannter Samys vorführen wird.
Es ist schon dunkel als wir auf dem Festgelände ankommen, trotzdem erspäht man
uns sofort. Es ist immer etwas Besonderes, wenn wir als „weiße“ Menschen zu solchen Festlichkeiten erscheinen. Der Moderator bittet uns als kleine spontane Zwischeneinlag
e vor den über 1000 Zuschauern auf die Bühne. Wir bekommen einen festlichen Schal um die Schultern gelegt, was in Indien als Ehrung besonderer Gäste gilt. Wir werden aufgefordert, eine Rede zu
halten, so stellen wir uns vor und berichten über unsere Arbeit hier in Indien.
Wir beenden unseren Auftritt mit einem deutschen Lied, was
immer zu großer Erheiterung beiträgt.
Es werden Tänze vorgeführt von Kindern in bunten Kleidern, Gesangseinlagen geboten und Reden geschwungen.
Kurz vor seinem großen Auftritt gesellt sich der Schlangen-Dompteur zu uns. Spaßeshalber fragen wir ihn, wo er denn die Schlangen aufbewahre. Er zeigt auf eine Sporttasche,
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Inhalt: 4 Schlangen |
die nicht weit von uns auf dem Boden steht. Wir lachen über seinen Witz, doch als er uns mit ernster Miene fragt, ob er die Tasche öffnen soll um uns die Schlangen zu zeigen, vergeht uns das Lachen und wir lehnen dankend ab. Was in Deutschland ein erhöhtes Sicherheitsrisiko darstellen würde, ist in Indien kein Ding der Unmöglichkeit ;-).
Der junge Mann tanzt mit ungefährlichen wie auch giftigen Schlangen. Die Schlangenshow ist beeindruckend, spektakulär und auf der anderen Seite irgendwie abstoßend und wir sind froh, einen kleinen Sicherheitsabstand zur Bühne zu haben.
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Matthias und wir bei der Schlagenshow |
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alle haben sich schick gemacht ;-) |
Am dritten Tag des Pongalfestes findet die so genannte 'animal pooja' statt. Rituell bedeutet das: man dankt Kühen und Büffeln für ihre Dienste. Dabei werden Kühe, aber auch Ziegen mit bunter Farbe bemalt. Ihre Hörner bekommen ebenfalls einen bunten Farbstrich, sie werden mit Luftballons geschmückt und mit Blumenranken verziert.
In einer bunten Parade mitten auf einer großen Straße Coimbatores warten die Kühe vor dem Tempel darauf, gesegnet zu werden. Dabei träufelt ein Priester traditionsgemäß etwas Kokosnusssaft auf ihre Köpfe, lässt Räucherstäbchen um ihre Köpfe kreisen und malt ihnen einen Punkt als Zeichen der Segnung auf die Stirn.
Während dieser Prozedur verneigen sich viele Hindus vor den Kühen, berühren diese mit ihren Händen, die sie daraufhin küssen.
Im Hinduismus glaubt man daran, dass Gott überall ist, also auch in jedem Tier, besonders in Nutztieren. Die Kuh wird als besonders heilig angesehen, da sie als Spenderin
vieler heiliger Gaben gilt.
Allmählich sind uns die Prozeduren und Segnungen bekannt, wir kennen
den Ablauf und wissen, wie man sich zu verhalten hat. Was am Anfang noch unglaublich fremd war, ist in den letzten Monaten mehr und mehr mit unserem alltäglichen Leben hier verschmolzen und es ist jedes Mal aufs Neue interessant, diese ganz
andere Art der Festlichkeit mit zu erleben.
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Liebe Grüße nach Hause =D |