Mittwoch, 30. November 2011

Tempel, Luftschlangen und Laternen


Guten Morgääähn!
Es ist halb vier morgens. Der Wecker klingelt mittlerweile zum wiederholten Mal und langsam realisieren wir, dass wir aufstehen sollten. Verschlafen tapsen wir in die Dusche und schleichen uns dann nach unten in die Küche, um etwas Kleines zu frühstücken. Während wir versuchen unheimlich leise zu sein, um unsere Mädchen um diese Uhrzeit nicht aufzuwecken, klingelt unser Fahrer laut an der Tür. Spätestens in diesem Moment reiben sich die ersten Mädchen die Augen und erklären uns schlaftrunken, dass sie sowieso aufstehen wollten, weil sie für ihre Examen lernen müssen. Mit Kissen, genügend Wasser und unzähligen Keksen sowie dem Lonely Planet machen wir uns auf den Weg nach – Madurai. Vier Stunden später, nachdem die Müdigkeit einigermaßen verflogen ist, kommt die Vorfreude auf auch wenn wir noch weitere zwei Stunden zu fahren haben. In einem Institut ein Stück außerhalb von Madurai lernen wir die Direktoren anderer NGO's kennen, die sich zum Austausch und zur Diskussion eingefunden haben. Unser Weg führt weiter in die Innenstadt, das Herz Madurais, da das Meeting ausschließlich für die Direktoren bestimmt ist.

Riksha fahren
Mit einer wackeligen gelben Riksha erreichen wir den Sri-Meenakshi-Tempel, der als ästhetisches Erbe für die Region den gleichen Stellenwert wie das Taj Mahal für Nordindien hat und gleichzeitig Wahrzeichen Madurais ist. Sandib, der Fahrer NMCTs, begleitet uns. Vor uns erhebt sich einer der 12 Tortürme, die das 6ha große Gelände einrahmen. Es ist ein reiner Figuren- und Farbenrausch, hinduistische Götter, Tiere, Dämonen, Helden, all diese Skulpturen bedecken die Tempeltürme. Beeindruckt laufen wir ein Stück umher und suchen nach einem sicheren Platz für unsere Schuhe, die man traditionsgemäß im Tempel nicht tragen darf und für ein paar Rupien an speziellen Sammelstellen abgeben kann. Allerdings bleibt nicht viel Zeit. '10 minutes, 10 minutes' meint Sandib, bis wir verstehen, dass der Tempel leider in 10 Minuten schließt und erst wieder um 17 Uhr für Besucher geöffnet ist. In Eile schmeißen wir unsere Schuhe einfach vor den Eingang in der Hoffnung, dass sie nach unserem Besuch noch da sind. In dem kleinen Zeitfenster hasten wir durch den Tempel und schaffen es sogar ein paar schöne Aufnahmen von den mit Stuck versehenen alten Säulen und den bunten Deckenmalereien zu machen. Nur den berühmten Tempelelefanten bekommen wir leider nicht mehr zu Gesicht, denn dieser macht bereits Mittagspause. Dafür entschädigen nach unserem kurzen Besuch die vielen kleinen Stände und Läden, die die Tempelanlage umgeben.
der Sri-Meenakshi-Tempel
Alte Frauen, die uns silberne klimpernde Fußkettchen verkaufen und uns einen roten Punkt auf die Stirn drücken um uns zu vollständigen 'Indian girls' zu machen, Verkäufer, die uns ihre Ware in höchsten Tönen und sogar auf Englisch anpreisen, Menschen, die wissen wollen wo wir herkommen und uns kurz darauf eine ihrer vielen Indienkarten verkaufen möchten – Man merkt, dass die Stadt durchaus an Touristen gewöhnt ist. Wir gehen in einen kleinen nett aussehenden Laden – und verlassen ihn für die nächste Stunde nicht mehr. Schals, Taschen, Schmuck, kleine verzierte Säckchen, kurz um: alles was unser Touristenherz begehrt (und was sich außerdem gut als Weihnachtsgeschenke eignet) :-). 

die Tempelanlage


im Inneren des Tirumalai-Nayak-Palasts
Nachdem wir nach zwei Monaten mal wieder einen Fruchtsalat mit Eis gegessen haben, ist unser nächstes Ziel der Tirumalai-Nayak-Palast. Sandib bezahlt 10 Rupien Eintritt, wir zahlen als “Touristen” 50 Rupien und unsere Fotokamera braucht auch noch eine Eintrittskarte. Doch für das, was wir zu sehen bekommen, lohnt sich der Eintrittspreis. Die filigranen Zierden und Ornamente machen den Palast zu einer wunderschönen Sehenswürdigkeit. Dieses Mal haben wir sogar genügend Zeit die prachtvolle Architektur in aller Ruhe zu erkunden. Nach 4 Stunden SightSeeing sitzen wir wieder im Kofferraum des Jeeps und nehmen die 7 stündige Rückfahrt auf uns. Was in Deutschland undenkbar wäre, ist in Indien selbstverständlich. 6 bis 7 Stunden Entfernung, das ist hier ein Katzensprung. Und die indische Natur sowie die vielen kleinen Dörfer und Stadtteile, die wir durchqueren, machen die Autofahrt zu einem kleinen Abenteuer. Mit der tamilischen Musik im Hintergrund fühlt sich alles ein bisschen wie ein Kinofilm an - nur etwas greifbarer.




auf Matthias Kindergeburtstag :-)
Am folgenden Wochenende fahren wir zu einer nicht weit entfernten Universität mitten in den Bergen. Matthias, ein deutscher Student, der dort ein Auslandssemester macht, hat Geburtstag. Das Gelände ist wunderschön und ruhig gelegen, auf dem Rasen streichen einige Pfauen umher und nach einigem Suchen finden wir das nagelneue 'International Hostel', das nur von Matthias und zwei weiteren Kommilitonen bewohnt wird. Wir betreten sein Zimmer und können uns das Lachen nicht verkneifen – denn es sieht aus, wie bei einem Kindergeburtstag. Girlanden, Luftballons, Luftschlangen in allen erdenklichen Farben und Variationen schmücken die Wände und sogar den Ventilator. Aber so mögen es die Inder eben :-). Um sechs treffen die ersten Gäste ein, Inder, Chinesen und wir, eine interkulturelle Feier. Traditionsgemäß gibt es einen übertrieben süßen Kuchen, der sofort in Matthias und unseren Gesichtern landet. Während die indischen Männer sich voller Hingabe in ihre Tanzeinlagen stürzen, schauen wir zu, unterhalten uns mit unterschiedlichen Menschen und genießen es unter Leuten in unserem Alter zu sein und auch die indische Jugend kennen zu lernen. Nach einem lustigen Abend heißt es für uns dann zurück ins Abhaya, denn unsere Mädchen warten schon auf die abendliche Songtime. 


Herr Westermann im Abhaya
Nach dem Besuch von Herrn Westermann, einem Mitarbeiter unserer deutschen Entsendeorganisation Karl-Kübel-Stiftung, unzähligen Bastelstunden und 15 verbrauchten Klebestiften erwartet uns am 11.11. unser St. Martins-Umzug. Es liegt eine kleine Herausforderung hinter uns, denn wie erklärt man 29 Mädchen, wie man eine Laterne bastelt, wenn sie noch nie eine gesehen haben. Doch die Ergebnisse können sich durchaus sehen lassen und in der Abenddämmerung beginnt unsere kleine 'german function'. In Tamil wird die St. Martinsgeschichte vorgelesen, die erste Kerze feierlich entzündet und einige Menschen aus dem Umkreis schließen sich unserem Lauf an. 'Isch gehen mit meine Latene…rabammel, rabummel, rabummel bum bummel' – so ziehen wir durch die kleinen Gässchen und sogar über die große Hauptstraße und haben eine Menge Spaß. Leute kommen aus Häusern oder schauen neugierig aus den Fenstern (und wundern sich bestimmt, was die seltsamen Weißen denn da schon wieder veranstalten =D). Nachdem wir auch noch ausgiebig 'Old Mc Donald had a farm' geträllert haben, erreichen wir eine christliche NGO, die mit Behinderten und HIV-infizierten Menschen zusammenarbeitet und ein Hospiz führt. Gemeinsam mit unseren Mädchen und den Menschen dort spielen, tanzen und singen wir. Und so gestaltet sich ein wunderschöner Abend mit viel Freude und abschließendem gemeinsamen Essen. Wir freuen uns sehr, dass sich aus unserer kleinen Idee so viele positive Möglichkeiten ergeben haben und wir in unserem Vorhaben so unterstützt wurden. Die Aussage der St. Martins-Geschichte, das Teilen mit Menschen, die weniger Besitz haben, hat an diesem Abend eine schöne Umsetzung gefunden.
beim Laternen basteln mit unseren Mädels
auch unsere Kleinste darf nicht fehlen :-)

Laterne, Laterne....

Wir wünschen euch alles Liebe aus dem mittlerweile etwas kühler werdenden Coimbatore, Mona und Lena

Donnerstag, 10. November 2011

Tänze, Feuerwerke und Saris

Nach längerer Pause mal wieder Neuigkeiten und es ist schwer, sich für Wesentliches zu entscheiden. Jeder Tag ist ein Erlebnis, ein Abenteuer, ein neuer Einblick in die Kultur Indiens.

Unsere Mädels beim Tanzen :-)
Spontan bekommen wir Besuch von Laura, einer früheren Freiwilligen, die 2008 im Abhaya Students Shelter gelebt hat. 4 ereignisreiche Tage verbringen wir mit ihr, die uns nochmal ganz neue Seiten der Arbeit NMCTs aufzeigen. Ein großes Fest wartet auf uns: 'Deepavali Celebration for the HIV affected and vulnerable children'. Anlässlich des bevorstehenden hinduistischen Lichterfests Deepavali organisiert NMCT eine Feier für alle Kinder und deren Familien, die HIV-infiziert oder von HIV betroffen sind und von unserer NGO unterstützt werden. Um die 500 Menschen tummeln sich in der Halle, auf der Bühne geben einige Kinder Lieder in Tamil zum besten oder tanzen Tänze. Laute Musik dröhnt aus den Boxen, es herrscht eine heitere Stimmung. Auch unsere Mädchen führen zwei Tänze auf und wir sind unglaublich stolz auf sie (denn immerhin haben wir einen davon mit ihnen einstudiert :-)). Nach einigen Reden von wichtigen Persönlichkeiten wie zum Beispiel Vertretern des Lion Clubs, hören wir plötzlich unsere Namen. 'Mona Hein and Lena Borisch, volunteers of NMCT, please come to the stage'. Scheinwerfer und unzählige Augenpaare auf uns gerichtet erklären wir durch ein knisterndes Mikrophon wer wir sind und was unsere Tätigkeit ist.
=D
Und bereuen wieder einmal, dass unser Tamil mehr schlecht als recht ist. Denn hauptsächlich die Organisatoren werden uns verstanden haben. Die Menschen, für die das Fest organisiert wurde, verstehen kein oder kaum Englisch. Die nächsten eineinhalb Stunden verbringen wir mit Laura und 20 bedeutenden Männern auf der Bühne, trinken Tee und freuen uns immer wieder mal, wenn wir ein Wort in den Reden auf Tamil entdecken, das wir schon kennen. Nachdem wir überraschenderweise einen Pokal als Ehrung für unsere Arbeit überreicht bekommen haben, neigt sich der Tag auch schon langsam dem Ende zu. Wir sind froh, an dieser Feier teilgenommen zu haben. An diesem Tag ist uns mehr denn je bewusst geworden, welche Dimension die Arbeit NMCTs hat. Die vielen Kinder, die vielen Familien. Alle, die an diesem Tag da waren (und noch viele weitere Menschen, die nicht an der Feier teilgenommen haben), bekommen Unterstützung. Wir sind beeindruckt und freuen uns, dass diese Menschen ein Fest gewidmet bekommen, um Spaß zu haben und ausgewogenes Essen zu erhalten.

Wir denken an Deutschland, an den Westen, an die Menschen, die sich über den Bus aufregen, der 5 Minuten Verspätung hat. Und es wirkt surreal an solche Szenarien zu denken und gleichzeitig mit Kindern zu spielen, von denen man weiß, dass sie HIV-infiziert sind und nur noch wenige Jahre zu leben haben. Kinder, die so viel Gelassenheit und Freude ausstrahlen. Kinder, die vor Lachen glucksen, wenn man sie auf der Schaukel anschubst und sie durch die Luft sausen. Kinder, die dieses Schicksal einfach nicht verdient haben.


Laura und Mona in Gopanari
kleiner Kletteraffe =D
Auch die nächsten Tage sind gut verplant. Wir machen uns auf nach Gopanari, die wunderschöne Kokosnussfarm in den Bergen. Dort verbringen wir den Nachmittag, sitzen mit Laura zusammen, trinken, wie sollte es auch anders sein, Kokosnussmilch und erzählen. Zu mehr sind wir auch nicht fähig, denn wie so oft ist es unglaublich heiß um die Mittagszeit. Trotzdem können wir uns dazu aufraffen, dem alten Mann nachzueifern, der fleißig die Palmen herauf klettert. Wir hingegen scheitern kläglich und fragen uns, wie er das ohne Leiter und in seinem Alter schafft.


Am nächsten Tag fahren wir nach Pollachi, um ein weiteres Projekt NMCT's zu besuchen. Das Projekt CASP betreut 750 (!) Familien im Umkreis, die von HIV betroffen sind. Man versorgt diese mit Lebensmitteln (denn viele essen hier nur Reis, da dieser kostenfrei von der Regierung verteilt wird), Medizin, Schuluniformen für die Kinder und weiteren nützlichen Utensilien. Außerdem bieten die Mitarbeiter verschiedene Trainings an, wie beispielsweise im Kochen oder auch zur medizinischen Versorgung. Selbst Krankenschwestern aus den umliegenden Krankenhäusern kommen zu diesen Fortbildungen, denn viele wissen nicht, wie man mit der Krankheit HIV umgehen soll. Wir finden diese Tatsache erschreckend, sind betroffen über die Realität. Aber es ist leider die Wahrheit, dass das Thema HIV im großen Maße von der Regierung ignoriert oder nicht unterstützt wird. Das Gebiet ist heikel, darüber zu sprechen weckt bei vielen ein Schamgefühl. In Indien spricht man im Allgemeinen nicht offen über Sexualität, Menschen, die HIV haben werden häufig aus der Gesellschaft ausgegrenzt. CASP leistet viel Aufklärungsarbeit durch Plakate, Straßentheater, öffentliche Treffen, Broschüren und viele weitere Angebote. Das Bewusstsein für die Ursachen und Folgen HIVs soll gestärkt werden. Psychologische Hilfe ist ebenfalls zugänglich.Sozialarbeiter besuchen die betreuten Familien einmal im Monat und wir werden eingeladen, sie eines Tages zu begleiten. Es ist unglaublich viel wert, dass wir diese Gelegenheiten bekommen und uns so ein besseres Bild von der Situation machen können!
Das Projekt wird seit April von der Karl Kübel Stiftung und dem deutschen Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklungshilfe (BMZ) unterstützt. Diese finanzielle Hilfe bekommt das Projekt drei Jahre lang und es werden bestimmte Ziele für diesen Zeitraum gesetzt. Ein Ziel ist es, 1200 Kindern, die von HIV betroffen sind, die Möglichkeit zu geben, regelmäßig in die Schule zu gehen und dort nicht länger diskriminiert und stigmatisiert zu werden. Netzwerke sollen innerhalb dieser Zeitperiode aufgebaut werden, so dass die Menschen sich nach drei Jahren selbst organisieren können. Hilfe zur Selbsthilfe. Ein sinnvolles Konzept.


Nach diesem eindrucksvollen Besuch fahren wir zu den Monkeyfalls. Vorbei an Palmen, Seen, Bergen. Farbenprächtige Natur wechselt sich ab mit kleinen bunten Steinhäusern mit Palmendächern, die wie kleine Farbklekse unter den Bäumen hervorluken. Wir steigen aus dem Auto, laufen vorbei an einem kleinen Tempel und ein malerischer Anblick erwartet uns. Ein kleiner Wasserfall plätschert vor sich hin, wir laufen durch das seichte Wasser, setzen uns auf die Steine im Wasser und beobachten die schöne Natur. Der kleine Platz strahlt eine sehr harmonische und friedliche Atmosphäre aus, hat etwas Idyllisches. Bis auf ein paar Besucher ist außergewöhnlich wenig los für indische Verhältnisse. Sankar ist trotzdem etwas besorgt um unsere Kameras – nicht wegen der Besucher, sondern wegen der, wie der Name schon vermuten lässt, vielen Affen, die sich von Baum zu Baum hangeln und neugierig zwischen den Menschen hin und her huschen in der Hoffnung, etwas Essbares zu stibitzen. Wir genießen den Tag und haben viel Spaß mit unserem Director Sankar, der uns durch seine ironische Art gerne zum Lachen bringt.
unser 'Indian Daddy' =D
Die Tage mit Laura haben gut getan. Sich austauschen, reflektieren, Zeit haben über das Erlebte zu sprechen mit jemandem, dem die Erlebnisse geläufig sind. Das ist viel wert.

Möge die Tortenschlacht beginnen ;)
Die Zeit verfliegt nur so und wir lassen uns von ihr tragen. Ab und zu blinzelt der Alltag zwischen all dem Neuen hindurch aber unser Leben ist vorrangig von Abwechslung und Vielfalt geprägt. Wir feiern die Geburtstage von Sankar und eines unserer Mädchen. Erstaunlich laute und helle Wunderkerzen, laute Happy-birthday Gesänge und zwei unglaublich süße Torten, die über und über mit Zuckerguss bedeckt sind, gestalten den Abend. Beide Geburtstagskinder werden, wie es der indische Brauch will, mit Torte gefüttert – was zu einer kleinen Tortenschlacht führt, der sich selbst unser Hund Pauli nicht entziehen kann

Happy birthday! :-)

nein, wir haben nicht übertrieben =D
Dann ist es soweit: Deepavali, das Fest auf das die ganze Stadt, unsere Kinder und irgendwie auch wir schon seit Wochen hinfiebern. Der Stadtkern ist vollends geschmückt mit Lichterketten, Geschäfte preisen neue Saris und die diesjährige Deepavali-kollektion an, Lametta, Buntes, Schönes und Kitschiges so weit das Auge reicht. Aber Deepavali ist nicht nur etwas für das Auge. Das merken wir spätestens, als uns eines Abends ein ohrenbetäubender Knall zusammen zucken lässt. Und das soll nicht der Letzte gewesen sein. Offensichtlich ist es üblich bereits drei Wochen vor dem Fest die Nachbarschaft (oder viel mehr uns) mit lärmenden Knallern zu erschrecken. Deepavali ist für Indien ungefähr so bedeutsam wie Weihnachten für den Westen, vergleichbar mit Silvester und ein bedeutungsvolles Fest für die Hindus. Es wird zelebriert als das Lichterfest (Tamil,தீபாவளி , dīpāvaḻī „Weg des Lichts“), bei dem man den Sieg des Guten über das Böse feiert. So ungefähr und in Kurzfassung :-). Wir machen uns also einen Tag vor Deepavali unter dem Getöse der Feuerwerkskörper und im sinflutartigen Regen auf den Weg zu Vijis Haus. Etwas durchnässt kommen wir dort an und werden gleich mit Tee und einem deftigen indischen Abendessen empfangen. Gespräche mit Vijis Nichten, die in unserem Alter sind, unzählige Dosais und ein lustiger Englisch-Tamil-Mix mit dem Rest der 9-köpfigen Familie prägen den Abend und den nächsten Tag. Und dann etwas, auf das wir uns schon lange gefreut haben: unser erster Sari, den wir anlässlich des Festes tragen. Ahnungslos stehen wir mit den langen Stoffbahnen in unserer Hand im Zimmer und wissen nicht, wie wir diese um uns drapieren sollen. Dank Viji befinden sich die 8 Meter Stoff kurze Zeit später elegant um unsere Hüften gebunden und wir fühlen uns wie Prinzessinnen aus dem Morgenland. Dieses Gefühl lässt spätestens bei der ersten Treppe nach, die wir eher weniger elegant hinunter stolpern. Dann heißt es erst mal 'Abwarten und Chai trinken', bis die ganze Familie sich geschmückt auf den Weg zum Tempel macht. Da das Haus sehr abseits von der Straße ist und der Sandweg eher einer Pfütze als einer kleinen Straße gleicht, erwartet uns unsere erste Fahrt auf einem Mofa.
Jeweils zu dritt auf einem Mofa, wir im Damensitz, da der Sari es unmöglich macht sich normal hinzusetzen, fahren wir in rasanter Geschwindigkeit Schlangenlinien um die Pfützenlandschaft, die sich vor uns erstreckt. Wieder ein Erlebnis, das wir bestimmt nicht so schnell vergessen werden.
Der Tempelelefant :-)
Im Tempel herrscht ein großes buntes Treiben, da jeder hier heute sein 'pooja' (Gebet) vollziehen möchte. Menschen überall, Saris in allen Farben und Mustern, mit Gold verziehrt, Blumen im Haar, unzählige Bangles an den Armen, ein Bindi auf der Stirn. Auf dem Boden stehen Kerzen, Gesänge begleitet von Trommeln dringen uns in die Ohren und der Geruch von Räucherstäbchen zieht uns in die Nase. Vor den Götterstatuen scharen sich die Menschen. Und wir entdecken inmitten dem pulsierenden Leben unseren ersten Elefant. :-) Zwischen geschnitzten Säulen und unter einer bunten Decke aus Stuck steht er und verteilt Segen an die Besucher. Ein schönes Bild!
Wir sind glücklich. Über den Elefanten. Über die bunten Feuerwerke, die am Abend den Himmel in allen Farben erstrahlen lassen. Über die Möglichkeit, einen eindrucksvollen und spannenden Einblick in das Leben einer indischen Familie gewonnen zu haben. Und wir sind dankbar, dass wir all das erleben können, integriert werden und nicht nur Außenstehende sind.

Wir basteln Weihnachtskarten für Deutschland
Auch das Leben im Abhaya bietet viel Spaß und variiert. Freundschaftsbändchen, Origami und andere Aktivitäten, die wir für die Kinder planen, schmücken jetzt das Alltagsleben. Bei gutem Wetter gehen wir weiterhin Fahrrad fahren mit den Kindern, am Abend geben wir Englischunterricht und versuchen das Wissen auf kreative und spielerische Art und Weise zu vermitteln. Nach dem Abendessen setzen wir uns alle zusammen und verabschieden den Tag gemeinsam mit Liedern.
Alltag
Nach Old McDonald lernen wir mittlerweile die deutschen Laternenlieder für unseren Laternenumzug und die 'German function', die wir für den St. Martinstag planen. Auch wir möchten den Menschen hier ein bisschen von unserer Kultur vermitteln. Die Aussage der St. Martingsgeschichte erscheint uns als sehr passend und gut anwendbar. Nachdem wir unser letztes Projekt, die, wie sich herausstellte, doch 'nur' 600 Grußkarten für Deutschland, beendet haben, freuen wir uns schon sehr auf unser nächstes Vorhaben.



mjam mjam
 Auch Kleinigkeiten können einem den Alltag versüßen. Wir entdecken einen Coffee-Day und auf uns wartet ein Nachmittag voller Latte-Macchiato, Cappucino und Schwarzwälder Kirschtorte. Es tut gut ein Stück weit Heimat zu schmecken aber wir sind froh hier zu sein, in diesem Moment und für die nächsten Monate. Wir haben das Gefühl, am richtigen Ort zu sein und hoffen, euch geht es gut. 



Say hello to our Indian family! :-)

Liebste Grüße, Lena und Mona