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Guten Morgääähn! |
Es ist halb vier morgens. Der Wecker klingelt mittlerweile zum wiederholten Mal und langsam realisieren wir, dass wir aufstehen sollten. Verschlafen tapsen wir in die Dusche und schleichen uns dann nach unten in die Küche, um etwas Kleines zu frühstücken. Während wir versuchen unheimlich leise zu sein, um unsere Mädchen um diese Uhrzeit nicht aufzuwecken, klingelt unser Fahrer laut an der Tür. Spätestens in diesem Moment reiben sich die ersten Mädchen die Augen und erklären uns schlaftrunken, dass sie sowieso aufstehen wollten, weil sie für ihre Examen lernen müssen. Mit Kissen, genügend Wasser und unzähligen Keksen sowie dem Lonely Planet machen wir uns auf den Weg nach – Madurai. Vier Stunden später, nachdem die Müdigkeit einigermaßen verflogen ist, kommt die Vorfreude auf auch wenn wir noch weitere zwei Stunden zu fahren haben. In einem Institut ein Stück außerhalb von Madurai lernen wir die Direktoren anderer NGO's kennen, die sich zum Austausch und zur Diskussion eingefunden haben. Unser Weg führt weiter in die Innenstadt, das Herz Madurais, da das Meeting ausschließlich für die Direktoren bestimmt ist.
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Riksha fahren |
Mit einer wackeligen gelben Riksha erreichen wir den Sri-Meenakshi-Tempel, der als ästhetisches Erbe für die Region den gleichen Stellenwert wie das Taj Mahal für Nordindien hat und gleichzeitig Wahrzeichen Madurais ist. Sandib, der Fahrer NMCTs, begleitet uns. Vor uns erhebt sich einer der 12 Tortürme, die das 6ha große Gelände einrahmen. Es ist ein reiner Figuren- und Farbenrausch, hinduistische Götter, Tiere, Dämonen, Helden, all diese Skulpturen bedecken die Tempeltürme. Beeindruckt laufen wir ein Stück umher und suchen nach einem sicheren Platz für unsere Schuhe, die man traditionsgemäß im Tempel nicht tragen darf und für ein paar Rupien an speziellen Sammelstellen abgeben kann. Allerdings bleibt nicht viel Zeit. '10 minutes, 10 minutes' meint Sandib, bis wir verstehen, dass der Tempel leider in 10 Minuten schließt und erst wieder um 17 Uhr für Besucher geöffnet ist. In Eile schmeißen wir unsere Schuhe einfach vor den Eingang in der Hoffnung, dass sie nach unserem Besuch noch da sind. In dem kleinen Zeitfenster hasten wir durch den Tempel und schaffen es sogar ein paar schöne Aufnahmen von den mit Stuck versehenen alten Säulen und den bunten Deckenmalereien zu machen. Nur den berühmten Tempelelefanten bekommen wir leider nicht mehr zu Gesicht, denn dieser macht bereits Mittagspause. Dafür entschädigen nach unserem kurzen Besuch die vielen kleinen Stände und Läden, die die Tempelanlage umgeben.
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der Sri-Meenakshi-Tempel
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Alte Frauen, die uns silberne klimpernde Fußkettchen verkaufen und uns einen roten Punkt auf die Stirn drücken um uns zu vollständigen 'Indian girls' zu machen, Verkäufer, die uns ihre Ware in höchsten Tönen und sogar auf Englisch anpreisen, Menschen, die wissen wollen wo wir herkommen und uns kurz darauf eine ihrer vielen Indienkarten verkaufen möchten – Man merkt, dass die Stadt durchaus an Touristen gewöhnt ist. Wir gehen in einen kleinen nett aussehenden Laden – und verlassen ihn für die nächste Stunde nicht mehr. Schals, Taschen, Schmuck, kleine verzierte Säckchen, kurz um: alles was unser Touristenherz begehrt (und was sich außerdem gut als Weihnachtsgeschenke eignet) :-).
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die Tempelanlage |
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im Inneren des Tirumalai-Nayak-Palasts |
Nachdem wir nach zwei Monaten mal wieder einen Fruchtsalat mit Eis gegessen haben, ist unser nächstes Ziel der Tirumalai-Nayak-Palast. Sandib bezahlt 10 Rupien Eintritt, wir zahlen als “Touristen” 50 Rupien und unsere Fotokamera braucht auch noch eine Eintrittskarte. Doch für das, was wir zu sehen bekommen, lohnt sich der Eintrittspreis. Die filigranen Zierden und Ornamente machen den Palast zu einer wunderschönen Sehenswürdigkeit. Dieses Mal haben wir sogar genügend Zeit die prachtvolle Architektur in aller Ruhe zu erkunden. Nach 4 Stunden SightSeeing sitzen wir wieder im Kofferraum des Jeeps und nehmen die 7 stündige Rückfahrt auf uns. Was in Deutschland undenkbar wäre, ist in Indien selbstverständlich. 6 bis 7 Stunden Entfernung, das ist hier ein Katzensprung. Und die indische Natur sowie die vielen kleinen Dörfer und Stadtteile, die wir durchqueren, machen die Autofahrt zu einem kleinen Abenteuer. Mit der tamilischen Musik im Hintergrund fühlt sich alles ein bisschen wie ein Kinofilm an - nur etwas greifbarer.
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auf Matthias Kindergeburtstag :-) |
Am folgenden Wochenende fahren wir zu einer nicht weit entfernten Universität mitten in den Bergen. Matthias, ein deutscher Student, der dort ein Auslandssemester macht, hat Geburtstag. Das Gelände ist wunderschön und ruhig gelegen, auf dem Rasen streichen einige Pfauen umher und nach einigem Suchen finden wir das nagelneue 'International Hostel', das nur von Matthias und zwei weiteren Kommilitonen bewohnt wird. Wir betreten sein Zimmer und können uns das Lachen nicht verkneifen – denn es sieht aus, wie bei einem Kindergeburtstag. Girlanden, Luftballons, Luftschlangen in allen erdenklichen Farben und Variationen schmücken die Wände und sogar den Ventilator. Aber so mögen es die Inder eben :-). Um sechs treffen die ersten Gäste ein, Inder, Chinesen und wir, eine interkulturelle Feier.
Traditionsgemäß gibt es einen übertrieben süßen Kuchen, der sofort in Matthias und unseren Gesichtern landet.
Während die indischen Männer sich voller Hingabe in ihre Tanzeinlagen stürzen, schauen wir zu, unterhalten uns mit unterschiedlichen Menschen und genießen es unter Leuten in unserem Alter zu sein und auch die indische Jugend kennen zu lernen. Nach einem lustigen Abend heißt es für uns dann zurück ins Abhaya, denn unsere Mädchen warten schon auf die abendliche Songtime.
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Herr Westermann im Abhaya
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Nach dem Besuch von Herrn Westermann, einem Mitarbeiter unserer deutschen Entsendeorganisation Karl-Kübel-Stiftung, unzähligen Bastelstunden und 15 verbrauchten Klebestiften erwartet uns am 11.11. unser St. Martins-Umzug. Es liegt eine kleine Herausforderung hinter uns, denn wie erklärt man 29 Mädchen, wie man eine Laterne bastelt, wenn sie noch nie eine gesehen haben. Doch die Ergebnisse können sich durchaus sehen lassen und in der Abenddämmerung beginnt unsere kleine 'german function'. In Tamil wird die St. Martinsgeschichte vorgelesen, die erste Kerze feierlich entzündet und einige Menschen aus dem Umkreis schließen sich unserem Lauf an. 'Isch gehen mit meine Latene…rabammel, rabummel, rabummel bum bummel' – so ziehen wir durch die kleinen Gässchen und sogar über die große Hauptstraße und haben eine Menge Spaß. Leute kommen aus Häusern oder schauen neugierig aus den Fenstern (und wundern sich bestimmt, was die seltsamen Weißen denn da schon wieder veranstalten =D). Nachdem wir auch noch ausgiebig 'Old Mc Donald had a farm' geträllert haben, erreichen wir eine christliche NGO, die mit Behinderten und HIV-infizierten Menschen zusammenarbeitet und ein Hospiz führt. Gemeinsam mit unseren Mädchen und den Menschen dort spielen, tanzen und singen wir. Und so gestaltet sich ein wunderschöner Abend mit viel Freude und abschließendem gemeinsamen Essen. Wir freuen uns sehr, dass sich aus unserer kleinen Idee so viele positive Möglichkeiten ergeben haben und wir in unserem Vorhaben so unterstützt wurden. Die Aussage der St. Martins-Geschichte, das Teilen mit Menschen, die weniger Besitz haben, hat an diesem Abend eine schöne Umsetzung gefunden.
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beim Laternen basteln mit unseren Mädels |
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auch unsere Kleinste darf nicht fehlen :-) |
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Laterne, Laterne.... |
Wir wünschen euch alles Liebe aus dem mittlerweile etwas kühler werdenden Coimbatore, Mona und Lena
man liest so gerne, wenn ihr schreibt :-) & ich wünschte, ich wäre bei eurem Sankt Martins Umzug dabeigewesen! Das hört sich wundervoll an!
AntwortenLöschenWas für eine großartige Idee mit dem Laternen Umzug! Da haben sich die Kinder bestimmt riesig gefreut! Alles Liebe weiterhin! :-)
AntwortenLöschenIch bin echt begeistert über euren Blog-Eintrag!
AntwortenLöschenDa ist doch auch gleich was für das übernächste e-book dabei! Gruß von Renate
Hallo Ihr zwei,
AntwortenLöschenich hab mal wieder mit Begeisterung Euren Blog gelesen. Das war wirklich eine tolle Idee und Ihr habt sie toll mit Euern "sisters" umgesetzt,
ich freu mich für Dich Lena, bei jedem Lesen denke ich Du bist am richtigen Platz:)
Liebe Grüße
Mamsn
Liebe Lena, liebe Mona,
AntwortenLöschenich werde am 30. und 31. Januar NMCT besuchen, um die Frauenprojekte kennen zu lernen. Diesen Kontakt hat mir die Karl Kübel Stiftung ermöglicht. Ich würde Euch gerne treffen und von Euren Erfahrungen in eurem Projekt hören.
Wenn ich eine indische SIM Karte habe schicke ich euch meine Handy Nummer.
Liebe Grüße aus dem grauen Deutschland
Sigrid Pessel