Nach längerer Pause mal wieder Neuigkeiten und es ist schwer, sich für Wesentliches zu entscheiden. Jeder Tag ist ein Erlebnis, ein Abenteuer, ein neuer Einblick in die Kultur Indiens.
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Unsere Mädels beim Tanzen :-) |
Spontan bekommen wir Besuch von Laura, einer früheren Freiwilligen, die 2008 im Abhaya Students Shelter gelebt hat. 4 ereignisreiche Tage verbringen wir mit ihr, die uns nochmal ganz neue Seiten der Arbeit NMCTs aufzeigen. Ein großes Fest wartet auf uns: 'Deepavali Celebration for the HIV affected and vulnerable children'. Anlässlich des bevorstehenden hinduistischen Lichterfests Deepavali organisiert NMCT eine Feier für alle Kinder und deren Familien, die HIV-infiziert oder von HIV betroffen sind und von unserer NGO unterstützt werden. Um die 500 Menschen tummeln sich in der Halle, auf der Bühne geben einige Kinder Lieder in Tamil zum besten oder tanzen Tänze. Laute Musik dröhnt aus den Boxen, es herrscht eine heitere Stimmung. Auch unsere Mädchen führen zwei Tänze auf und wir sind unglaublich stolz auf sie (denn immerhin haben wir einen davon mit ihnen einstudiert :-)). Nach einigen Reden von wichtigen Persönlichkeiten wie zum Beispiel Vertretern des Lion Clubs, hören wir plötzlich unsere Namen. 'Mona Hein and Lena Borisch, volunteers of NMCT, please come to the stage'. Scheinwerfer und unzählige Augenpaare auf uns gerichtet erklären wir durch ein knisterndes Mikrophon wer wir sind und was unsere Tätigkeit ist.
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Und bereuen wieder einmal, dass unser Tamil mehr schlecht als recht ist. Denn hauptsächlich die Organisatoren werden uns verstanden haben. Die Menschen, für die das Fest organisiert wurde, verstehen kein oder kaum Englisch.
Die nächsten eineinhalb Stunden verbringen wir mit Laura und 20 bedeutenden Männern auf der Bühne, trinken Tee und freuen uns immer wieder mal, wenn wir ein Wort in den Reden auf Tamil entdecken, das wir schon kennen. Nachdem wir überraschenderweise einen Pokal als Ehrung für unsere Arbeit überreicht bekommen haben, neigt sich der Tag auch schon langsam dem Ende zu. Wir sind froh, an dieser Feier teilgenommen zu haben. An diesem Tag ist uns mehr denn je bewusst geworden, welche Dimension die Arbeit NMCTs hat. Die vielen Kinder, die vielen Familien. Alle, die an diesem Tag da waren (und noch viele weitere Menschen, die nicht an der Feier teilgenommen haben), bekommen Unterstützung. Wir sind beeindruckt und freuen uns, dass diese Menschen ein Fest gewidmet bekommen, um Spaß zu haben und ausgewogenes Essen zu erhalten.
Wir denken an Deutschland, an den Westen, an die Menschen, die sich ü
ber den Bus aufregen, der 5 Minuten Verspätung hat. Und es wirkt surreal an solche Szenarien zu denken und gleichzeitig mit Kindern zu spielen, von denen man weiß, dass sie HIV-infiziert sind und nur noch wenige Jahre zu leben haben. Kinder, die so viel Gelassenheit und Freude ausstrahlen. Kinder, die vor Lachen glucksen, wenn man sie auf der Schaukel anschubst und sie durch die Luft sausen. Kinder, die dieses Schicksal einfach nicht verdient haben.
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Laura und Mona in Gopanari |
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kleiner Kletteraffe =D |
Auch die nächsten Tage sind gut verplant. Wir machen uns auf nach Gopanari, die wunderschöne Kokosnussfarm in den Bergen. Dort verbringen wir den Nachmittag, sitzen mit Laura zusammen, trinken, wie sollte es auch anders sein, Kokosnussmilch und erzählen. Zu mehr sind wir auch nicht fähig, denn wie so oft ist es unglaublich heiß um die Mittagszeit. Trotzdem können wir uns dazu aufraffen, dem alten Mann nachzueifern, der fleißig die Palmen herauf klettert. Wir hingegen scheitern kläglich und fragen uns, wie er das ohne Leiter und in seinem Alter schafft.
Am nächsten Tag fahren wir nach Pollachi, um ein weiteres Projekt NMCT's zu besuchen. Das Projekt CASP betreut 750 (!) Familien im Umkreis, die von HIV betroffen sind. Man versorgt diese mit Lebensmitteln (denn viele essen hier nur Reis, da dieser kostenfrei von der Regierung verteilt wird), Medizin, Schuluniformen für die Kinder und weiteren nützlichen Utensilien. Außerdem bieten die Mitarbeiter verschiedene Trainings an, wie beispielsweise im Kochen oder auch zur medizinischen Versorgung. Selbst Krankenschwestern aus den umliegenden Krankenhäusern kommen zu diesen Fortbildungen, denn viele wissen nicht, wie man mit der Krankheit HIV umgehen soll. Wir finden diese Tatsache erschreckend, sind betroffen über die Realität. Aber es ist leider die Wahrheit, dass das Thema HIV im großen Maße von der Regierung ignoriert oder nicht unterstützt wird. Das Gebiet ist heikel, darüber zu sprechen weckt bei vielen ein Schamgefühl. In Indien spricht man im Allgemeinen nicht offen über Sexualität, Menschen, die HIV haben werden häufig aus der Gesellschaft ausgegrenzt. CASP leistet viel Aufklärungsarbeit durch Plakate, Straßentheater, öffentliche Treffen, Broschüren und viele weitere Angebote. Das Bewusstsein für die Ursachen und Folgen HIVs soll gestärkt werden. Psychologische Hilfe ist ebenfalls zugänglich.Sozialarbeiter besuchen die betreuten Familien einmal im Monat und wir werden eingeladen, sie eines Tages zu begleiten. Es ist unglaublich viel wert, dass wir diese Gelegenheiten bekommen und uns so ein besseres Bild von der Situation machen können!
Das Projekt wird seit April von der Karl Kübel Stiftung und dem deutschen Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklungshilfe (BMZ) unterstützt. Diese finanzielle Hilfe bekommt das Projekt drei Jahre lang und es werden bestimmte Ziele für diesen Zeitraum gesetzt. Ein Ziel ist es, 1200 Kindern, die von HIV betroffen sind, die Möglichkeit zu geben, regelmäßig in die Schule zu gehen und dort nicht länger diskriminiert und stigmatisiert zu werden. Netzwerke sollen innerhalb dieser Zeitperiode aufgebaut werden, so dass die Menschen sich nach drei Jahren selbst organisieren können. Hilfe zur Selbsthilfe. Ein sinnvolles Konzept.
Nach diesem eindrucksvollen Besuch fahren wir zu den Monkeyfalls. Vorbei an Palmen, Seen, Bergen. Farbenprächtige Natur wechselt sich ab mit kleinen bunten Steinhäusern mit Palmendächern, die wie kleine Farbklekse unter den Bäumen hervorluken. Wir steigen aus dem Auto, laufen vorbei an einem kleinen Tempel und ein malerischer Anblick erwartet uns. Ein kleiner Wasserfall plätschert vor sich hin, wir laufen durch das seichte Wasser, setzen uns auf die Steine im Wasser und beobachten die schöne Natur. Der kleine Platz strahlt eine sehr harmonische und friedliche Atmosphäre aus, hat etwas Idyllisches. Bis auf ein paar Besucher ist außergewöhnlich wenig los für indische Verhältnisse. Sankar ist trotzdem etwas besorgt um unsere Kameras – nicht wegen der Besucher, sondern wegen der, wie der Name schon vermuten lässt, vielen Affen, die sich von Baum zu Baum hangeln und neugierig zwischen den Menschen hin und her huschen in der Hoffnung, etwas Essbares zu stibitzen. Wir genießen den Tag und haben viel Spaß mit unserem Director Sankar, der uns durch seine ironische Art gerne zum Lachen bringt.
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unser 'Indian Daddy' =D |
Die Tage mit Laura haben gut getan. Sich austauschen, reflektieren, Zeit haben über das Erlebte zu sprechen mit jemandem, dem die Erlebnisse geläufig sind. Das ist viel wert.
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Möge die Tortenschlacht beginnen ;) |
Die Zeit verfliegt nur so und wir lassen uns von ihr tragen. Ab und zu blinzelt der Alltag zwischen all dem Neuen hindurch aber unser Leben ist vorrangig von Abwechslung und Vielfalt geprägt. Wir feiern die Geburtstage von Sankar und eines unserer Mädchen. Erstaunlich laute und helle Wunderkerzen, laute Happy-birthday Gesänge und zwei unglaublich süße Torten, die über und über mit Zuckerguss bedeckt sind, gestalten den Abend. Beide Geburtstagskinder werden, wie es der indische Brauch will, mit Torte gefüttert – was zu einer kleinen Tortenschlacht führt, der sich selbst unser Hund Pauli nicht entziehen kann
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Happy birthday! :-) |
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nein, wir haben nicht übertrieben =D |
Dann ist es soweit: Deepavali, das Fest auf das die ganze Stadt, unsere Kinder und irgendwie auch wir schon seit Wochen hinfiebern. Der Stadtkern ist vollends geschmückt mit Lichterketten, Geschäfte preisen neue Saris und die diesjährige Deepavali-kollektion an, Lametta, Buntes, Schönes und Kitschiges so weit das Auge reicht. Aber Deepavali ist nicht nur etwas für das Auge. Das merken wir spätestens, als uns eines Abends ein ohrenbetäubender Knall zusammen zucken lässt. Und das soll nicht der Letzte gewesen sein. Offensichtlich ist es üblich bereits drei Wochen vor dem Fest die Nachbarschaft (oder viel mehr uns) mit lärmenden Knallern zu erschrecken. Deepavali ist für Indien ungefähr so bedeutsam wie Weihnachten für den Westen, vergleichbar mit Silvester und ein bedeutungsvolles Fest für die Hindus. Es wird zelebriert als das Lichterfe
st (Tamil,தீபாவளி , dīpāvaḻī „Weg des Lichts“), bei dem man den Sieg des Guten über das Böse feiert. So ungefähr und in Kurzfassung :-). Wir machen uns also einen Tag vor Deepavali unter dem Getöse der Feuerwerkskörper und im sinflutartigen Regen auf den Weg zu Vijis Haus. Etwas durchnässt kommen wir dort an und werden gleich mit Tee und einem deftigen indischen Abendessen empfangen.
Gespräche mit Vijis Nichten, die in unserem Alter sind, unzählige Dosais und ein lustiger Englisch-Tamil-Mix mit dem Rest der 9-köpfigen Familie prägen den Abend und den nächsten Tag. Und dann etwas, auf das wir uns schon lange gefreut haben: unser erster Sari, den wir anlässlich des Festes tragen. Ahnungslos stehen wir mit den langen Stoffbahnen in unserer Hand im Zimmer und wissen nicht, wie wir diese um uns drapieren sollen. Dank Viji befinden sich die 8 Meter Stoff kurze Zeit später elegant um unsere Hüften gebunden und wir fühlen uns wie Prinzessinnen aus dem Morgenland. Dieses Gefühl lässt spätestens bei der ersten Treppe nach, die wir eher weniger elegant hinunter stolpern. Dann heißt es erst mal 'Abwarten und Chai trinken', bis die ganze Familie sich geschmückt auf den Weg zum Tempel macht. Da das Haus sehr abseits von der Straße ist und der Sandweg eher einer Pfütze als einer kleinen Straße gleicht, erwartet uns unsere erste Fahrt auf einem Mofa.
Jeweils zu dritt auf einem Mofa, wir im Damensitz, da der Sari es unmöglich macht sich normal hinzusetzen, fahren wir in rasanter Geschwindigkeit Schlangenlinien um die Pfützenlandschaft, die sich vor uns erstreckt. Wieder ein Erlebnis, das wir bestimmt nicht so schnell vergessen werden.
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Der Tempelelefant :-) |
Im Tempel herrscht ein großes buntes Treiben, da jeder hier heute sein 'pooja' (Gebet) vollziehen möchte. Menschen überall, Saris in allen Farben und Mustern, mit Gold verziehrt, Blumen im Haar, unzählige Bangles an den Armen, ein Bindi auf der Stirn. Auf dem Boden stehen Kerzen, Gesänge begleitet von Trommeln dringen uns in die Ohren und der Geruch von Räucherstäbchen zieht uns in die Nase. Vor den Götterstatuen scharen sich die Menschen. Und wir entdecken inmitten dem pulsierenden Leben unseren ersten Elefant. :-) Zwischen geschnitzten Säulen und unter einer bunten Decke aus Stuck steht er und verteilt Segen an die Besucher. Ein schönes Bild!
Wir sind glücklich. Über den Elefanten. Über die bunten Feuerwerke, die am Abend den Himmel in allen Farben erstrahlen lassen. Über die Möglichkeit, einen eindrucksvollen und spannenden Einblick in das Leben einer indischen Familie gewonnen zu haben. Und wir sind dankbar, dass wir all das erleben können, integriert werden und nicht nur Außenstehende sind.
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Wir basteln Weihnachtskarten für Deutschland |
Auch das Leben im Abhaya bietet viel Spaß und variiert. Freundschaftsbändchen, Origami und andere Aktivitäten, die wir für die Kinder planen, schmücken jetzt das Alltagsleben. Bei gutem Wetter gehen wir weiterhin Fahrrad fahren mit den Kindern, am Abend geben wir Englischunterricht und versuchen das Wissen auf kreative und spielerische Art und Weise zu vermitteln. Nach dem Abendessen setzen wir uns alle zusammen und verabschieden den Tag gemeinsam mit Liedern.
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Alltag |
Nach Old McDonald lernen wir mittlerweile die deutschen Laternenlieder für unseren Laternenumzug und die 'German function', die wir für den St. Martinstag planen.
Auch wir möchten den Menschen hier ein bisschen von unserer Kultur vermitteln. Die Aussage der St. Martingsgeschichte erscheint uns als sehr passend und gut anwendbar. Nachdem wir unser letztes Projekt, die, wie sich herausstellte, doch 'nur' 600 Grußkarten für Deutschland, beendet haben, freuen wir uns schon sehr auf unser nächstes Vorhaben.
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mjam mjam |
Auch Kleinigkeiten können einem den Alltag versüßen. Wir entdecken einen Coffee-Day und auf uns wartet ein Nachmittag voller Latte-Macchiato, Cappucino und Schwarzwälder Kirschtorte. Es tut gut ein Stück weit Heimat zu schmecken aber wir sind froh hier zu sein, in diesem Moment und für die nächsten Monate. Wir haben das Gefühl, am richtigen Ort zu sein und hoffen, euch geht es gut.
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Say hello to our Indian family! :-) |
Liebste Grüße, Lena und Mona